Was ist ein Freiwilliges ökologisches Jahr?

Was ist ein Freiwilliges ökologisches Jahr?

Das FSJ ist allseits bekannt, doch vom FÖJ haben die Wenigsten gehört. Dabei gibt es gerade beim FÖJ sehr interessante Stellen, die einem einen wunderbaren Einblick ins Berufsleben geben können.

Das Freiwillige ökologische Jahr richtet sich an 16-27-jährige, die vor dem Start in den „normalen Alltag“ einen Einblick ins Berufsleben wagen möchten. Dabei geht es bei den Einsatzstellen vor allem um umweltpolitische und ökologische Arbeitsthemen. Sowohl im Umweltamt, bei einer Naturschutzorganisation, einer Forschungseinrichtung oder auf einem Bauern- oder Reiterhof kannst du beispielsweise ein Jahr verbringen. Nur weil es Öko ist, heißt es nicht, dass es keine Stellen im Büro gibt.

Welche Alternativen bieten sich nach der Schule an?

  • Freiwillige Jahre (soziale, kulturelle, technische, ökologische)
  • Work and Travel (Arbeiten und Reisen im Ausland)
  • Freiwilligenarbeit (Wwofing, gemeinnützige Organisationen)
  • Bundesfreiwilligendienst (das ist so ähnlich wie bei den freiwilligen Jahren, nur mit anderen Trägern)
  • Jahrespraktika (gerade im Bereich Pflege wird meist eines vor der Ausbildung vorausgesetzt)
  • weiterführende Schulen (Berufliches Gymnasium, Fachoberschule mit Jahrespraktikum, und tausend andere Schulformen)
  • Studium
  • Ausbildung

Organisation

Ich habe mein FÖJ in Hessen gemacht. Da jedes Bundesland eigene Träger hat (meist sogar mehrere), läuft es überall unterschiedlich ab. Ich schildere euch hier meine Erfahrungen mit der Naturschutz-Akademie Hessen.

Bewerbungsverfahren

Am März/April findet eine Info und Kontaktbörse in Wetzlar statt. Dort sind die Einsatzstellen mit Ansprechpartner und aktuellen FÖJlern vertreten. Du kannst dich vorstellen, informieren und einen ersten Eindruck über die zukünftige potentielle Arbeitsstelle erhalten.

Dann fängt auch schon die Bewerbungszeit an. Die Bewerbung schickst du mit Angabe der drei favorisierten Einsatzstellen an die NAH. Diese leitet die Bewerbung an die gewünschten Einsatzstellen weiter. Anhand der Ampel auf der Webseite kannst du sehen, welche Stellen noch frei sind und welche nicht. Wenn du keinen Erfolg hattest, kannst du weitere Wünsche angeben. Bewerben kannst du dich die ganze Zeit über, doch die Chancen auf einen FÖJ Platz sinken, je näher der 1. August rückt.

Einsatzstellen

Die Einsatzbereiche reichen wie oben genannt von Landwirtschaft, Tierhaltung, Lebensmittel, Forstwirtschaft, Landschaftspflege, Garten, Umweltbildung, Pädagogik, Verwaltung, Planung, Öffentlichkeitsarbeit, Wissenschaft, Forschung und Technik.

Was bringt mir ein FÖJ?

Ich habe mein freiwilliges Jahr auf dem Rathsbacher Hof verbracht. Dort wurde ich in alle Arbeiten mit eingebunden, mir ist viel Verantwortung übertragen worden und ich konnte mich sowohl persönlich, als auch fachlich weiterentwickeln. Du lernst eigene Wertvorstellungen zu überdenken, selbstständig zu arbeiten, team- und kommunikationsfähiger zu werden und auch verantwortungsvoller mit unserer Umwelt umzugehen. Obwohl ich beruflich in einer komplett anderen Branche gelandet bin, hat mir das FÖJ sehr viel gebracht. Es ist übrigens auch beim Bewerbungsgespräch sehr gut angekommen. Während die anderen Azubis am Anfang gejammert haben, dass sie jetzt nachmittags nicht mehr frei haben, war ich froh, endlich mal wieder Wochenenden zur Verfügung zu haben.

Fitnessstudio sind nichts gegenüber Bio Building: Meine Oberarmmuskulatur hätte nach einem Jahr Bauernhof gefühlt jedem Body Builder Konkurrenz machen können.

Zu erwähnen wäre außerdem noch, dass du für das FÖJ Unterkunft und Verpflegung gestellt bekommt (oder eine Ausgleichszahlung) und ein kleines Taschengeld. Zusammen mit dem weiter gezahlten Kindergeld blieb genug zum Sparen übrig, zumindest bei mir. Das FÖJ wird übrigens auch als Praktikumsjahr für die Fachoberschule anerkannt.

Arbeitsalltag

Morgens ging der Tag um 7 Uhr los mit Kühe melken oder Tiere füttern. Da wir 2 FÖJler und ein Jahrespraktikant waren, haben wir uns mit den Tätigkeiten abgewechselt. Danach gab es ein ausgiebiges Frühstück, bei dem die weitere Tagesplanung besprochen wurde: Weide bauen, Pferde misten, Kartoffeln ernten und sortieren, Wasserfässer fahren, Laufhof schieben, ein Sandbad für die Hühner bauen, Feldarbeiten, Pferdepaddocks pflastern, Wanddurchbrüche schaffen usw. Du lernst nicht nur auf einem Bauernhof zu arbeiten, sondern fürs Leben. Ich kann jetzt eine Einfahrt pflastern, weiß worauf ich achten muss, wenn ich ein Fenster vergrößern will, wie ich am besten mit Akkuschrauber und Schlagbohrer umgehe und vieles mehr. Ob du es glaubt oder nicht: Eine der Haupttätigkeiten ist tatsächlich putzen! Denn wo Lebensmittel produziert werden, müssen auch Hygienevorschriften erfüllt werden.

Des Weiteren hat der Hof einen Bioladen, in dem einiges an Arbeit entsteht und das Betreuen von Praktikanten fällt auch mit unter die Aufgaben eines FÖJlers.

Besonders erwähnenswert ist das wahnsinnig gute, abwechslungsreiche Essen, das für die ganze Mannschaft gekocht wird, zum Teil aus eigener Herstellung (Tomaten wachsen nun mal nicht im Winter und Bananen kann man auch nicht im Gewächshaus anbauen).

Der Tag klingt meist mit füttern oder melken aus. Von mir ist nicht erwartet worden, dass ich länger arbeite, doch durch die familiäre Gemeinschaft auf dem Hof kam es auch ab und an vor. Wenn die Kuh der Meinung war, dass sie um 22 Uhr unbedingt noch ein Kälbchen zur Welt bringen muss und dabei Hilfe braucht, ist das ein ganz besonderes Erlebnis. Und wenn die Hühner im Sommer erst bei Dämmerung in den Stall gehen, kannst du vorher die Tür nicht verschließen. Ich habe den Tieren übrigens versucht beizubringen, was Sonn- und Feiertage sind. Wirklich verstanden haben sie es aber nicht, also wurde auch mal am Wochenende gearbeitet.

Seminare

Ein weiterer Bestandteil des FÖJs sind die Seminare. Du hast davon 5 Stück, die sich immer über 5 Tage erstrecken. Die Seminare finden immer an einem anderen Ort in Hessen statt (z.B. Wetzlar, am Edersee, Frankfurt oder Oberursel). Die An- und Abreise bekommst du bezahlt. In den Seminaren werden Themen wie Umweltpädagogik, Landwirtschaft und Ernährung oder Energie und Umwelt behandelt. Die FÖJler tragen sich außerdem in Arbeitsgruppen ein, in denen sie ein Seminar mit vorbereiten und gestalten. So habe ich mit meiner Gruppe Themen wie Fair Trade, Verbraucherschutz oder Ist Bio wirklich Bio behandelt, Referenten zum Thema Gentechnik eingeladen, Dokumentationen gesucht und einen Termin zur Besichtigung eines Bauernhofes vereinbart. Von unserer Seminarleiterin gab es natürlich tatkräftige Unterstützung. So ein Seminar zu planen und zu organisieren ist sehr spannend. Vor allem da die Gruppe die Themen, für die sie sich interessieren, am Anfang selbst bestimmen durfte.

Auf dem Hof musste ich ein von mir organisiertes Projekt nachweisen. Es gab FÖJler, die haben eine Ausstellung konzipiert, einen neuen Wanderpfad für Schulgruppen organisiert, ich habe eine Kuhdatei angefertigt, damit meine Nachfolger schneller die Namen der Kühe lernen konnten.

Fazit: Warum du ein FÖJ machen solltest!

Ein FÖJ ist ein sehr spannendes Jahr, das bei der Entscheidung der Berufswahl helfen kann, Einblick in eine andere Branche gibt, die persönliche Entwicklung fördert und die Möglichkeit bietet, ganz viele fantastische Menschen kennen zu lernen. Ich besuche den Rathsbacher Hof immer wieder und damit bin ich nicht die einzige FÖJlerin. 


Die Autorin Alexa Gothe hat ihr FÖJ im Jahrgang 2012/2013 absolviert. Nach einer Ausbildung und einer weiterführenden Bankfachwirtweiterbildung, hat sie eine Weltreise unternommen und selbstständig gemacht und arbeitet nun als virtuelle Assistentin, erstellt Webseiten und Marketingstrategien für Kunden und veröffentlicht Bücher unter ihrem Pseudonym April Wynter.

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